Mo
19
Sep
2016
Nach den warmen Spätsommertagen hat sich der Herbst nun angemeldet. So würde nun normalerweise an dieser Stelle ein Herbstgedicht folgen, mit dem ich aufzeigen möchte, dass das literarische Zürich auch im Herbst oder gar im Winter eine Führung wert ist. Dass es vielleicht zwischendurch einen Aufwärmehalt in einem gemütlichen Kaffeehaus oder in einer Bar braucht, was aber auch seinen besonderen Reiz hat!
Leider hat nun aber ein Unfall mir einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht und ich musste alle geplanten Führungen absagen. Und so muss ich alle Interessierten auf den nächsten Frühling vertrösten. Ich hoffe, dass ich ab dem Monat März - sofern mein neues Knie mich tragen wird - wieder literarische Stadtrundgänge durchführen kann.
Es geht aber natürlich trotz allem nicht ohne Gedicht. Doch heuer sind es keine Zeilen zum Herbst. Was geblieben ist: der Autor. Ich bin bei dem von mir geliebten Herrmann Hesse fündig geworden:
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegen senden,
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden …
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Hermann Hesse
Do
31
Mär
2016
Endlich: Bei den lauen Temperaturen und den wärmenden Sonnenstrahlen lockt die Stadt wieder. Sie lädt ein zum Bummeln, zum Kaffee trinken, zum Betrachten des ersten Blüten an den Bäumen. Und: die Menschen zu beobachten. Mir fällt auf, dass wieder viele fröhliche Gesichter zu sehen sind. Auch wenn der Winter in der Stadt dieses Jahr kein wirklicher war, sind doch die Anzeichen des Frühlings Grund zur Freude.
Und so freue auch ich mich auf die beginnende Saison mit den literarischen Stadtführungen. Als kleiner Anreiz soll das folgende Gedicht von Hermann Hesse - häufiger Besucher und zeitweiliger Bewohner von Zürich - dienen. Wie immer hat er auch ein paar wunderbar poetische Zeilen zum Frühling geschrieben:
Frühling von Hermann Hesse
In dämmrigen Grüften
Träumte ich lang
Von deinen Bäumen und blauen Lüften,
Von deinem Duft und Vogelsang.
Nun liegst du erschlossen
In Gleiss und Zier,
Von Licht übergossen
Wie ein Wunder vor mir.
Du kennst mich wieder;
Du lockst mich zart.
Es zittert durch all meine Glieder
Deine selige Gegenwart!
Mi
21
Okt
2015
Alle Jahr wieder: Der goldene Herbst ist da! Die Blätter der Bäume verfärben sich und wenn die Nachmittagssonne auf sie fällt, schimmern sie golden über der Altstadt von Zürich. Die herbstlichen Morgennebel haben sich zurückgezogen und das strahlende Blau verbreitet sich. Das ist definitiv meine liebste Zeit in den Gassen. Der heisse Sommer ist vorbei, der kalte, graue Winter noch fern. Es ist die Zeit des Geniessens: durch die Gassen schlendern, einen kleinen Halt in einem der vielen wunderschönen Kaffeehäuser, noch einen Blick die Limmat hinauf auf den See, wieder zurück in die Gassen und noch kurz bei Schwarzbach gedörrte Früchte, die das ganze Aroma des Sommers eingefangen haben, erstehen und geniessen. Einfach wunderbar! Und bei einem Cappuccino in einem Gedichtband von Herrmann Hesse dem literarischen Herbst nachspüren. Hermann Hesse, der ja länger und öfter in Zürich gelebt hat, hinterliess uns viele Kostbarkeiten, wie zum Beispiel das nachfolgende Gedicht:
Baum im Herbst
Noch ringt verzweifelt mit den kalten
Oktobernächten um sein grünes Kleid
mein Baum. Er liebt's, ihm ist es leid,
Er trug es fröhliche Monde lang,
Er möchte es gern behalten.
Und wieder eine Nacht, und wieder
Ein rauher Tag. Der Baum wird matt
Und kämpft nicht mehr und gibt die Glieder
Gelöst dem fremden Willen hin,
Bis der ihn ganz bezwungen hat.
Nun aber lacht er golden rot
Und ruht im Blauen tief beglückt.
Da er sich müd dem Sterben bot,
Hat ihn der Herbst, der milde Herbst
Zu neuer Herrlichkeit geschmückt.
So bleibt mir nicht anderes als allen meinen Leserinnen und Lesern einen goldenen Herbst zu wünschen!
Der Frühling hat uns den Hafenkran beschert. Er wird für ein paar Monate in unserer Stadt zu Gast sein. An seinem prominenten Standort mitten in der Altstadt direkt an der Limmat präsentiert er sich in seinem rostigen, in die Jahre gekommenen Kleid. Den einen ist er willkommen, andere sehen in ihm ein störendes Objekt, unnütze Geldverschwendung.
Wie gross sind doch die Parallelen zu den Exil-Literaten in den 30er Jahren des letzen Jahrhunderts. Auch sie waren den einen eine willkommene Bereicherung der Zürcher Kultur, andern hingegen ein Dorn im Auge, nichtsnutze Schmarotzer.